Kopf hoch!

19. Januar 2015

„Im Deutschen Bienen-Journal 2/2015 empfahl Dr. Pia Aumeier, bei Völkerverlusten den Kopf nicht hängen zu lassen. Die Bedingungen waren im Jahr 2014 für die Varroa ideal und damit die Prognosen für Verluste besonders hoch. Sollten Sie zu den Betroffenen gehören, überprüfen Sie Ihr Behandlungskonzept!“

Mein persönliches Bienensterben hat in den letzten Wochen alle Völker dahingerafft. Sie waren fleißig und gesund und wurden nach aktuellen Vorgaben eingewintert. Nun sind die Beuten leer, bis auf einzelne Bienen auf dem Boden. Ich bin entsetzt und traurig“, schrieb ein Jungimker im Dezember 2014. In diesem Winter wird es wieder einmal besonders heftig. 30% Völkerverluste zeichneten sich im Dezember in unseren Umfragen ab.

• 2014 — der Varroa-Härtetest: Tatsächlich war 2014 schwierig. Im milden Vorwinter wirkte die Oxalsäure nicht immer gut. Das warme Frühjahr, der lange Sommer und der milde Herbst sorgten bis Anfang November für große Brutflächen. Ende September hatten viele Völker doppelt so viele Brutzellen wie üblich, Ende Oktober sogar die vierfache Menge: ein enormes Vermehrungsangebot für Varroa. Wurde nicht regelmäßig geschröpft, war im Sommer die Schwarmstimmung intensiv und entsprechend zögerlich die Annahme des Drohnenrahmens. So war die Möglichkeit begrenzt, Varroen mit dem Drohnenrahmen abzuschöpfen. Das alles förderte die Milben. Hinzu kam die kühle, feuchte Witterung im August und September. Sie erschwerte die Verdunstung der Ameisensäure, besonders wenn die Völker auch noch an heckennahen Plätzen standen. Mit der einzig legalen Variante, der 60%-igen Ameisensäure, war eine erfolgreiche Behandlung in vielen Ecken Deutschlands fast aussichtslos. Und doch ist nur Ameisensäure bei brütenden Völkern sinnvoll.

• Trügerischer Rat: „Frühe Varroabehandlung zahlt sich aus“, rieten manche Institute. „Direkt nach der Sommerhonigernte im Juli“ solle man die Varroa aus allen Völkern gleichzeitig verbannen. Wir sehen das anders. Unser Betriebsweisenvergleich sowie Untersuchungen an etwa 450 Bienenvölkern auf 32 Ständen in Nordrhein-Westfalen zeigen seit vielen Jahren, dass die wenigsten Völker die erste Behandlung bereits Ende Juli benötigen. Denn selbst ein starker Befall von 5.000 Milben, das entspricht einem natürlichen Milbenfall von 40 Varroen pro Tag, verteilt sich zu dieser Zeit auf 60.000 Bienen und Brutzellen und schädigt das Volk nicht. Eine verfrühte Behandlung nutzt nur den im Juli bereits stark parasitierten Völkern. Allen anderen schadet sie mehr. Sie erzeugt Brutschäden und hat aufgrund der großen Brutflächen trotzdem einen schlechten Behandlungserfolg. Sie entbindet den Imker daher nicht von effizienten Behandlungen im August/September, denn die überlebenden Milben vermehren sich erneut. 2014 traf das besonders zu. Nach einer frühen Behandlung im Juli schlüpften noch acht Generationen  Milben.

• Verlustarm überwintern: Auch im Frühjahr 2015 wird es viele Imker geben, die weniger als zehn Prozent ihrer Völker verlieren. Sie haben die nachfolgenden Tipps beachtet.

Immer am Ball bleiben

Tipp 1:Eine Behandlung mit Oxalsäure verschafft den Völkern einen milbenarmen Start. Schneiden Sie so intensiv wie möglich Drohnenbrut. Schröpfen Sie starke Völker regelmäßig, bilden Sie kleine Ableger daraus, und behandeln Sie diese in der brutfreien Phase mit Milchsäure. So ist die Varroasituation Ende Juli meist entspannt.

Spätsommerpflege nach Bedarf

Tipp 2:Richten Sie die Termine zur Sommerbehandlung an Zustand und Befall Ihrer Völker aus. Mit Gemülldiagnosen behalten Sie den Überblick über die Varroalast.

• Nutzen Sie einen vollflächigen Gitterboden mit einer für die Bienen unzugänglichen, weißen, gut zu reinigenden Windel mit Rand. Schieben Sie die Windel im Sommer mehrmals für je drei Tage ein. So tricksen Sie Ameisen aus. Zwischen den Kontrollen bleibt der Gitterboden offen.

• Beproben Sie jeweils alle Völker eines Standes, denn der Befall ist nie einheitlich.

• Identifizieren Sie ab Mitte Juli Wirtschaftsvölker, bei denen täglich mehr als zehn, und Ableger, bei denen täglich mehr als fünf Varroen fallen. Behandeln Sie Anfang August nur diese. Das traf bei uns 2014 nur auf neun Prozent der Wirtschaftsvölker und auf ein Prozent der Ableger zu. Der große Rest erhielt die erste Ameisensäure erst Mitte/Ende August (Wirtschaftsvölker) und Mitte/Ende September (Jungvölker).

Geeignete Mittel richtig nutzen

Tipp 3: Lassen Sie sich nicht verführen! Weder Pseudoskorpion noch Thermobehandlung, weder Thymol- noch Oxalsäure-Sommerbehandlung wirken ausreichend. Bayvarol und Perizin sollten genauso tabu sein wie Checkmite oder Amitraz. Das Freimachen von Brut ist besonders aufwendig. Wer sich die Mühe dennoch machen möchte, dem verrieten wir ein besonders einfaches Verfahren im Augustheft 2012. Am einfachsten ist im Spätsommer der Einsatz von Ameisensäure. Um damit auch die Milben in der Brut gut zu erwischen, muss man Folgendes beachten:

• Wirtschaftsvölker bis zur ersten Behandlung nicht flüssig füttern. Etwa vier Kilogramm Honigvorrat auf den Randwaben genügen für August. So kann man den Wirtschaftsvölkern ab Mitte August die untere der beiden Brut­zargen mit Altwaben überwiegend brutfrei entnehmen. In den Wochen davor sind die Bienen mit dem Brutnest nach oben gezogen, in Richtung Restfutter am oberen Rand des Brutnestes. Vor der Behandlung wird ein Honigraum samt hellen Waben als zweiter Brutraum aufgesetzt. Nun sitzt die Brut im neuen unteren Raum und ist dadurch vor der Ameisensäure besser geschützt. Gefüttert wird erst nach der ersten Behandlung. Eine Fütterung mindert die Wirkung der Säure.

• Schwach gebildete Jungvölker entwickeln sich und ihre Milbenzahl langsam. Sie benötigen die erste Ameisensäure meist erst im September. Sitzen die Völker auf einer Zarge, wirkt die Säure auch bei Kühle noch gut.

Behandlungserfolg überprüfen

Tipp 4: Überprüfen Sie unbedingt die Wirkung jeder Behandlung bei jedem Volk!

• Ist die notwendige Menge Ameisensäure in der vorgeschriebenen Zeit aus dem Liebig-Dispenser oder dem Nassenheider Professional verdunstet? Falls nein, wiederholen Sie die Behandlung sofort an wärmeren Tagen.

• Sind wirklich alle Milben gefallen? Multiplizieren Sie den natürlichen Milbenfall pro Tag vor der Behandlung im Juli mit 150, im August mit 200 oder im September mit 250. So viele Milben müssen während und zwölf Tage nach der Behandlung insgesamt in die Windel fallen. Der natürliche Milbenfall muss ab dem zwölften Tag nach Behandlungsende deutlich niedriger sein als vor der Behandlung. Stimmen diese Werte nicht, muss die Behandlung sofort wiederholt werden. Lassen Sie sich nicht von vielen Milben in der Windel täuschen! 2.000 getötete Milben helfen nicht, wenn noch 5.000 im Volk sitzen.

• Fallen Ende September bei Wirtschaftsvölkern weniger als fünf Milben täglich, bei Jungvölkern weniger als eine? Falls nein, führen Sie sofort eine weitere Behandlung durch – notfalls mehrfach Milchsäure sprühen.

• Betrug der natürliche Milbenfall im Dezember mehr als drei Milben täglich, befanden sich 1.500 Varroen im Volk. Dann sind die Winterbienen meist todkrank und auch mit Oxalsäure nicht mehr zu retten.

Bereit zur Selbstkritik

Tipp 5: Sind die Völker tot, schielen Sie nicht zum benachbarten Landwirt oder Imker. Analysieren Sie besser genau, was falsch gelaufen sein könnte. Der eingangs zitierte Jungimker hat das übrigens getan: Bei ihm hatte die Ameisensäure im Spätsommer nicht richtig gewirkt. Er hat sich vorgenommen, im kommenden Jahr auch nach der Spätsommerbehandlung noch einmal die Windeln unter die Völker zu schieben und den Erfolg zu überprüfen. Jetzt blickt er wieder zuversichtlicher in seine imkerliche Zukunft.

So klappt die Überwinterung:

• Vorbeugen (siehe Tipp 1)

• Ende Juli: Gemülldiagnose

• Anfang August: Behandeln Sie Wirtschaftsvölker bei mehr als zehn, Jungvölker bei mehr als fünf Varroen natürlichem Milbenfall pro Tag.

• Mitte/Ende August: Behandeln Sie alle Wirtschaftsvölker.

• Mitte/Ende September: Behandeln Sie Wirtschaftsvölker bei mehr als fünf, Jungvölker bei mehr als einer Varroa natürlichem Milbenfall pro Tag.

• Überprüfen Sie den Behandlungserfolg, um so vor Über­raschungen sicher zu sein.

Mit der Methode sparen Sie/reduzieren Sie

Frust und tote Völker:Alle paar Jahre wieder führen Fehler im Konzept zum winterlichen Schiffbruch. Kopf hoch und in Zukunft Milben zählen.

Zeit und Geld:  Ein gutes Varroakonzept kostet etwas Zeit, weil man ums Milbenzählen nicht herumkommt. Tote Völker kosten Zeit und Geld!

Vier häufige Fehler:

1. Die Brut des ersten Drohnenrahmens schlüpfen lassen, um ausreichend Drohnen am Stand zu haben.

2. Bei Ablegern auf die Milchsäurebehandlung verzichten.

3. Direkt nach Trachtende im Sommer alle Völker gleichzeitig und ohne Befallskontrolle behandeln. Sich danach in Sicherheit wiegen.

4. Vor des Nachbarn Tür kehren, anstatt vor der Eigenen.

Aktuelle Infos unter www.ruhrstadt-imker.de

Eine Checkliste mit Behandlungsplan zum Ausdrucken und eine Zusammenstellung weiterer Artikel zum Thema finden Sie hier:

Gesund in den Winter: 2012-08, S. 18-19

Gekonnt geschätzt: 2012-08, S. 34-35

Behandlungsplan