Die meisten Grünflächen um uns herum strotzen vor Nährstoffen – beste Grundlage für konkurrenzstarke Pflanzen wie Löwenzahn und Weißklee. Dabei sind magere Wiesen größtenteils blüten- und artenreicher und bieten auch spezialisierten Bienen Nahrung. So legt man ein Magerbeet oder eine magere Rasenzone als Blühfläche an.
Für Markus Gastl, Buchautor und Gründer des deutschlandweiten Hortus Netzwerkes gehört das Magerbeet zu seiner sogenannten Hotspot-Zone – einem Gebiet in sämtlichen seiner Gärten, in dem besonders viele Blühpflanzen vorkommen und ein dementsprechend hoher Artenreichtum herrscht. Das dbj hat mit dem Experten über die wichtigsten Fragen zum Anlegen eines Magerbeets und dessen Nutzen für Tiere und eine natürliche Vielfalt gesprochen.
Was ist ein Magerbeet und warum ist es so wertvoll?
Markus Gastl: Auf sogenannten fetten Böden voller Nährstoffe dominieren ganz bestimmte Stockstoff-Zeigerpflanzen, die so kraftvoll sind, dass sie alle „Schwächlinge“ des Pflanzenreichs überwuchern. Dazu gehören der Löwenzahn, das Gänseblümchen und auch die Brennnessel. Die schwächeren, also durchsetzungsschwächeren Gewächse können allein deshalb auf mageren Böden mit viel weniger Nährstoffen besser wachsen, da die starke Konkurrenz dort nicht vorkommt.
Zudem gibt es in der Pflanzenwelt viel mehr dieser „Schwächlinge“ als Stickstoff-Zeigerpflanzen. Deshalb ist eine magere Fläche automatisch reichhaltiger. Und dort, wo es viele verschiedene Pflanzen gibt, sind auch viele verschiedene Insekten vorhanden.
Wie gelingt es, eine Fettwiese abzumagern?
Von allein magert eine Fettwiese nicht ab. Da muss der Mensch durch wiederholte Mahd und den Abtransport des gemähten Grünschnitts fort von der Wiese dazu helfen. So kann eine Wiese mittel- und langfristig magerer werden. Auf keinen Fall darf man die Wiese dabei düngen und somit auf künstlichem Weg Wuchsstoffe zuführen. Die andere Möglichkeit ist, Tiere auf der Wiese grasen zu lassen. Schafe zum Beispiel fressen das Gras, setzen Muskeln an und wachsen und nutzen somit die Energie aus dem Grünzeug für sich selbst. Dabei muss man allerdings verhindern, dass die Tiere zu viel Kot auf der Wiese hinterlassen, was wiederum Dünger ist. Also muss man die Abmagerung durch Weidetiere schlau anstellen, weil die Tiere ja meistens eingepfercht sind.
Durchzugsweiden sind in dieser Hinsicht das Beste. In der früheren Landwirtschaft wurden Schafe zum Beispiel nachts auf einem guten Boden eingepfercht, um dort zu koten, und tagsüber zum Weiden auf Blühflächen getrieben. Da die heutige Landwirtschaft das heute allerdings in der Regel nicht mehr praktiziert, muss der Mensch entsprechend eingreifen.
Welche Pflanzen wachsen auf einem Magerbeet besonders gut?
Auf mageren Böden wachsen all die seltenen kleinen Blümchen, Wildkräuter, Gewürz- und Heilkräuter. Dinge, die eben nicht so dominant sind und die man nicht von den Fettwiesen gewöhnt sind. Wiesen, die im Frühling fast ausschließlich gelb blühen, sind Fettwiesen. Magerwiesen hingegen sind bunt. Beispielpflanzen sind Thymian, Lavendel und Heidenelke, Kornblume, Natternkopf oder Federgras.

Wie legt man ein Magerbeet im Garten an?
Das hängt ganz von der Zeit und dem Aufwand ab, den man aufwenden oder betreiben möchte. Wenn man 30 Jahre Zeit hat, dann kann man aus einem hochgedüngten Gartenrasen durch regelmäßige Mahd und den Abtransport des Schnittes eine Magerwiese schaffen. Gerade in der Anfangsphase sollte man bis auf den Boden runter mähen: Je mehr ich abschneide, desto mehr Energie befördere ich aus der Wiese hinaus. Auf diesem Wege werden früher oder später bestimmte Blumen auftauchen.
Sprich: Die natürliche Vielfalt wird sich automatisch einstellen, da die Samen auf natürlichem Wege aus der Umgebung kommen. Wer weniger Zeit hat, dem bieten sich zwei Möglichkeiten: Entweder zieht man 15 cm Oberboden ab, da sind die ganzen Graswurzeln und die meiste Energie drin, und macht dort mit speziellen Samenmischungen eine neue Aussaat. Oder man schüttet auf den fetten Boden 30 cm mageres Substrat wie Sand, und setzt anschließend auf dieser Fläche neue, passende Pflanzen.
Welche Tiere fühlen sich in einem Magerbeet wohl?
In einem Magerbeet ist es viel wärmer, da viel mehr Sonne auf den Boden kommt. Daher sind magere Flächen die Heimat zahlreicher wärmeliebender Tiere und Insekten, die unterschiedliche Blumen mögen. Da finden sich Wildbienen, Schmetterlinge, Eidechsen und sogar hochspezialisierte Amphibien wie zum Beispiel die Kreuzkröten. Es sind also großartige Flächen für die Vielfalt.
Wie sieht Ihr eigenes Magerbeet zu Hause aus?
In meinem Hortus Insectorum in Beyerberg habe ich eine ganze Magerkeitszone angelegt. Da versuche ich durch Mähen und tierische Beweidung Nährstoffe zu entziehen und dünge niemals zurück. In meinen Gärten, in denen ich auch Führungen anbiete, gibt es insgesamt über 3000 m² Magerbereiche mit riesiger Blühvielfalt. Da leben Laubfrösche, da habe ich erfolgreich Gelbbauchunken angesiedelt, da leben Eidechsen, die sich wiederum von der Vielfalt der Insekten ernähren.
Daher mein Tipp: Man sollte eigentlich nie nur ein einziges Magerbeet haben, sondern direkt eine ganze Magerbeet-Zone anlegen.
Vielen Dank für das Gespräch!
Das Interview führte Susanne Matschullies.

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