Liebefelder Schätzmethode für ausreichend Winterfutter
Honigbienen heizen auch im Winter – wenn nötig, sechs Monate lang. Ob ausreichend Brennstoff zur Verfügung steht, sollte im Herbst noch einmal überprüft werden. Die Liebefelder Schätzmethode hilft.
Pauschale Angaben zum notwendigen Einwinterungsgewicht von ein- oder zweizargigen Bienenbeuten samt Volk können nur falsch sein. Denn selbst Kisten eines identisches Beutentypes variieren stark im Gewicht, je nach Hersteller, Holzart und Verzierungen wie Auflageschienen, Bausperren oder Flugbrettern. So wiegt eine meiner beim Schreiner erworbenen Zargen der Hohenheimer Einfachbeute im Zander-Maß nur 2,4 kg. Eine andere, absolut baugleiche Zarge bringt hingegen das dreifache Gewicht auf die Waage.
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Liebefelder Schätzmethode: Gewicht = Bienen + Futter + x?
Gleichermaßen fehlerhafte Werte kann auch der Vergleich des Leergewichts der eigenen Beuten mit dem Gewicht einer besetzten Beute bringen. Denn nicht alles Mehrgewicht im besetzten Kasten entfällt auch wirklich auf Bienenmasse und Winterfuttervorrat. So wiegt eine Einzelbiene je nach Füllstand der Kotblase zwischen 80 und 140 mg, was bei einigen Tausend Bienen schnell mehrere Hundert Gramm Unterschied bringen kann.
Eine meiner unbebrüteten, voll ausgebauten Waben samt Rähmchen im Zander-Maß mit dickem Oberträger wiegt etwa 340 g. Die gleiche Wabe, ebenfalls leer, jedoch mehrfach bebrütet, wiegt schon 150 g mehr. Ist auf ihr auch nur ein einziges Wabenachtel mit Bienenbrot gefüllt, sind es nochmals etwa 100 g mehr. Eine Wabe, die auf nur einer Wabenseite mit Bienenbrot gefüllt ist, ist fast dreimal so schwer wie die gleiche Wabe, wenn diese hell und leer ist. So können beim reinen Vergleich von Leer- und Besetztgewicht riesige Fehlermargen entstehen.
Gewichtsabnahme verfolgen
Sicherer ist es, ab Anfang November regelmäßig das Gewicht der voll gefütterten Völker zu erfassen. Am besten geschieht dies per Stockwaage, mit der man die Gewichtsabnahme präzise verfolgen kann. Der Vergleich mit den Novemberwerten zeigt dann im Frühjahr recht zuverlässig den Futterverbrauch an.
Doch wann ist ein Volk zu leicht? Ab und zu ist daher im Frühjahr zusätzlich ein Blick von oben in die Wabengassen nötig: Ist an mindestens drei Rähmchenoberkanten verdeckeltes Futter sichtbar? Dann reicht es noch mindestens eine Woche. Auf die Dauer ist diese Vorgehensweise jedoch zu aufwendig.
Liebefelder Schätzmethode gibt Sicherheit
Wer die Liebefelder Schätzmethode anwendet, hat langfristig wenig Arbeit und besonders genaue Informationen über das verfügbare Futter. Mit den Daten von je drei bis fünf Ein- und Zweizargern lässt sich für alle Beuten eine eigene Gewichts-Messwerte-Skala erstellen. Eine Vergleichsgrafik – hier nur für Einzarger, für Zweizarger ist eine separate Grafik erforderlich – ist wie folgt zu erstellen:
- Alle Einzarger von hinten mit einer Kofferwaage wiegen. Volksnummer und Gewicht notieren. Ein Wiegen von vorne ist nicht erforderlich.
- Öffnen Sie an einem sturmfreien Tag das leichteste Volk. Erfassen Sie anschließend den Futtervorrat auf den Waben mithilfe der Liebefelder Schätzmethode. Eine Anleitung dafür finden Sie im Infokasten unten.
- Schließen Sie das Volk. Addieren Sie alle Futterachtel und errechnen daraus den aktuell vorhandenen Vorrat. Nun wissen Sie bereits, ob dieses Volk ausreichend Futter für den Winter hat. Falls ja, sind auch alle schwereren Völker gut versorgt. Aber Sie wollen ja zukünftig weniger Arbeit haben. Daher wiederholen Sie diese Futterschätzung an mindestens zwei weiteren einzargigen Völkern.
- Tragen Sie die ermittelten Werte in eine Grafik ein: auf der horizontalen x-Achse das ermittelte Gewicht der Federzugwaage an der Beute von hinten, auf der vertikalen y-Achse den durch die Achtelmethode ermittelten Futtervorrat. Drei oder vier Werte genügen bereits. Sie können jetzt mit dem Lineal eine Gerade durch diese Messwerte ziehen. Wenn Sie eine Excel-Datei nutzen, macht das Programm das selbsttätig für Sie. Drucken Sie die Grafik aus.
Zukünftig erhalten Sie auf diese Weise recht verlässliche Futterstandswerte. Wiegen Sie dazu einen Einzarger von hinten mit der Kofferwaage. Suchen Sie diesen Wert auf der horizontalen Achse Ihrer Vergleichsgrafik. Fahren Sie von diesem Punkt aus nach oben, bis Sie die rote Linie erreicht haben. Biegen Sie nun nach links ab, und lesen Sie den Wert auf der vertikalen Achse ab.
Übrigens: Da die Anzahl besetzter Wabengassen stark von der Außentemperatur abhängt, lohnt es sich, eine ähnliche Vergleichstabelle für die nötige Bienenmasse zur Einwinterung anzufertigen.
Liebefelder Schätzmethode zur Futterbestimmung: So geht’s!
Bei dieser Methode wird jede Wabe gezogen, daher sollte der Herbsttag nicht zu windig sein. Der folgende Trick verhilft dabei selbst völlig unerfahrenen Imkerinnen und Imkern zu realistischen Schätzresultaten: Ein Leerrahmen wird mit vier dicken Gummibändern in Achtel unterteilt und vor die Wabenseite gehalten.
In dieser Methode Erfahrene können die Wabenseiten auch gedanklich in Achtel unterteilen. Zunächst ziehen Sie zwei bienenfreie Randwaben. Stellen Sie fest, wie viele Achtel mit vollständig gefüllten Futterzellen, auch offenen, belegt sind. Blättern Sie Wabe für Wabe in den entstandenen Hohlraum hinein, addieren Sie die Futterachtel, ziehen Sie mit Bienen besetzte Waben dabei vorsichtig. Die begutachteten Waben hängen Sie sofort wieder mit Anschluss an die anderen Waben ein.
Jedes mit Futter gefüllte Achtel wird im Schätzprotokoll notiert oder auf ein Diktiergerät gesprochen und später abgehört. Ist das Volk abgeschlossen, addiert man alle Achtel und rechnet die Summe der Achtel in konkrete Zahlen um. Jedes Achtel einer Zanderwabe enthält bis zu 125 g Futter, eine komplette Zander-Wabenseite fasst demnach ein Kilogramm Futter. Beim Deutsch Normalmaß wiegt ein Achtel Futter 111 g, Langstroth 140 g und Dadant 176 g.
Pia Aumeier
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