Editorial

Warten auf das Prüfsiegel

Mein Großvater überließ mir einige Relikte aus seiner Imkerei: Hinterbehandlungs-Beuten inklusive Kuntzsch-Rähmchen, Milchkannen als Honigeimer, seine erste Magazinbeute, eine alte Honigschleuder und jede Menge Honiggläser des Deutschen Imkerbundes (D.I.B.). Ich musste nicht lange überlegen: Von alldem konnte ich nichts mehr gebrauchen. Die Gläser kamen für meinen Geschmack nicht infrage, ich wollte schickere Gläser mit Twist-Off-Deckeln und einem eigenen Etikett.

Magdalena Arnold
Magdalena Arnold, Redakteurin beim Deutschen Bienen-Journal. Foto: Ina Volmer

Damit bin ich nicht allein. Besonders jüngere Imkerinnen und Imker entscheiden sich heute eher gegen das Imker-Honigglas. Das zeigt auch unsere Umfrage: Von 232 Befragten im Alter zwischen 13 und 45 Jahren verwenden über die Hälfte (60 %) Neutralgläser, nur 20 % setzen ausschließlich auf D.I.B.-Gläser, weitere 20 % nutzen beide Varianten. In den älteren Jahrgängen der zwischen 1933 und 1965 Geborenen ergibt sich ein etwas anderes Bild: Hier greifen von 100 Personen 42 zum D.I.B.-Glas, 34 zu Neutralgläsern, und der Rest verwendet beide. Der Trend geht klar in Richtung Neutralglas.

Dabei genießt das sogenannte „Einheitsglas“ nach wie vor ein hohes Ansehen – schließlich gibt es die Marke „Echter Deutscher Honig“ bereits seit 100 Jahren. Markenforscher Prof. Tobias Langner, mit dem ich für den Beitrag auf Seite 10 gesprochen habe, zeichnet ein sehr positives Bild. Er selbst sei mit der Marke aufgewachsen, und das wirke sich bis heute auf seine Kaufentscheidung aus.

Der D.I.B. versucht sich an einem Kompromiss: So hat das erweiterte Präsidium vergangenen Dezember beschlossen, ein Prüfsiegel für Neutralglas-Nutzer auf den Weg zu bringen. Doch wird das Vorhaben gelingen? Noch sind viele Fragen offen – zum Beispiel, wie hoch das Interesse der Neutralglas-Nutzer tatsächlich ist. Würde ich persönlich ein Prüfzeichen nutzen und dafür bezahlen? Ja, vermutlich schon. Aber nur, wenn es sich optisch gut in mein Etikett einfügt. Wie ist das bei Ihnen?

Ihre Magdalena Arnold
Redakteurin


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TOP-THEMEN im Juni-Heft

1. 100 Jahre D.I.B.-Glas

Das Imker-Honigglas des Deutschen Imkerbundes steht für Qualität und garantiert heimischen Honig. Doch immer weniger Imkerinnen und Imker nutzen es. Das dbj berichtet, wie die Marke entstand und wie es mit ihr weitergeht.

2. Duftlenkung

Bienen fliegen nicht immer die gewünschten Trachten an. Lassen sich ihre Sammelflüge mittels Duftlenkung beeinflussen? Das sagt die Forschung.

3. Honigverkauf im Supermarkt

Der Verkauf von Honig im Lebensmitteleinzelhandel kann sehr profitabel sein. Das dbj gibt Tipps, wie Sie diesen Vermarktungsweg erfolgreich beschreiten können.

 

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