Notfallzulassungen für Neonicotinoide unzulässig

23. Januar 2023

Der Gerichtshof der Europäischen Union hat eine wegweisende Entscheidung zu Notfallzulassungen von verbotenen Neonicotinoiden getroffen.

Notfallzulassungen für die Beize von Saatgut mit verbotenen Neonicotinoiden sind nicht zulässig. Dies hat der Gerichtshof der Europäischen Union (EuGH) entschieden. Damit ist fast die Hälfte der von den Mitgliedstaaten bislang erlaubten Ausnahmeregelungen für verbotene Pestizide in Zukunft nicht mehr möglich. Darunter fällt auch der Einsatz von Zuckerrüben-Saatgut, das mit Thiamethoxam gebeizt wurde. 

Klage gegen Neonicotinoide im Zuckerrübenanbau 

Die Entscheidung erfolgte, nachdem sich ein belgisches Verwaltungsgericht aufgrund einer Klage der Umweltorganisationen Pesticide Action Network Europe (PAN Europe) und Nature & Progrès Belgium sowie eines belgischen Imkers an den Gerichtshof gewandt hatte. Die Kläger hatten bereits 2019 beim belgischen Gericht beantragt, eine Ausnahmeregelung für den Einsatz verbotener Neonicotinoide im Zuckerrübenanbau für nichtig zu erklären. In dem Verfahren vor dem EuGH beteiligten sich neben dem belgischen Staat auch die Europäische Kommission, Frankreich, Griechenland, Ungarn und Finnland, um entsprechende Notfallzulassungen zu verteidigen. Auch ein belgisches Pestizidunternehmen und die belgische Zuckerlobby vertraten ihre Interessen.  

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„Ein großer Tag für die Umwelt“ 

Während die Entscheidung des EuGH in Deutschland bislang eher wenig Beachtung fand, führte es in anderen Ländern wie Frankreich bereits zu großen Unmut in der Agrarlobby und der Regierung. Dagegen feierten die Umweltschützer die Gerichtsentscheidung als einen „großen Tag für die europäischen Bestäuber und die Umwelt“.

„Dieses Urteil ist ein großer Fortschritt für den Erhalt der biologischen Vielfalt in Europa“, kommentiert Antoine Bailleux, Anwalt der Kläger, die Entscheidung. „Der Gerichtshof hat klargestellt, dass Stoffe, die auf EU-Ebene aus Gründen der Gesundheit oder des Umweltschutzes verboten sind, nicht durch die Hintertür auf Ebene der Mitgliedstaaten eingeführt werden können, wie es in der Vergangenheit üblich war. Er hat auch bestätigt, dass der Schutz der Gesundheit und der Umwelt Vorrang vor dem Ziel der Verbesserung der Pflanzenproduktion hat.“ 

Ständige Ausnahmeregelungen 

Einige Mitgliedstaaten hatten bislang entsprechende Ausnahmeregelungen teils jedes Jahr erneuert, ohne dabei die gesetzlichen Regelungen zu beachten. Dadurch wurden dort einige Verbote faktisch nie umgesetzt. Laut einem Bericht von PAN Europe wurden insgesamt 236 Ausnahmeregelungen in den vergangenen vier Jahren gewährt. Davon betraf fast die Hälfte den Einsatz verbotener Neonicotinoide.

Die meisten Notfallzulassungen hat Österreich (20) erteilt, gefolgt von Finnland (18) und Dänemark (17). Deutschland lag mit neun Ausnahmeregelungen im Mittelfeld, während Luxemburg, Malta und Bulgarien keine derartigen Ausnahmeregelung gemeldet hatten. 

Sebastian Spiewok

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