Zu Besuch im Bienenmuseum: Interview mit Frank Reichardt

18. Juni 2020

Silke Beckedorf besuchte das Deutsche Bienenmuseum in Weimar mit schwerem Gepäck. Sie übergab dem Museum Anfang Juni 2020 insgesamt vier Kuntzsch-Dreiraumbeuten, die durch den Umbau eines alten Wanderwagens übrig waren. Bei ihrem Besuch kam sie mit Frank Reichardt, Leiter des Museums, ins Gespräch.

Herr Reichardt, die Sammlung hier sieht ja schon ziemlich perfekt aus. Dort steht ein Bienenwagen mit Originalbeuten, da drüben eine Sammlung verschiedener Hinterbehandlungsbeuten. Können Sie denn überhaupt noch neue Bienenwohnungen gebrauchen? 

Reichardt: Ja, wir halten immer noch die Augen offen nach Typen, die wir nicht haben. Die Sammlungsstücke, die Sie hier sehen, sind auch nur ein kleiner Ausschnitt unserer Exponate. Wir haben mehr als 2.000 Sammlungsstücke. Zu Gesicht bekommt man nur rund 500 davon. 

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Bienenmuseum in Weimar: Ein historischer Ort

Das Deutsche Bienenmuseum in Weimar zählt zu den größten bienenkundlichen Sammlungen in Deutschland. Wenn man sich umschaut, fällt das schöne Ambiente in diesem alten Gebäude ins Auge, mit Café und Honigladen. Woher stammt die Immobilie? 

Reichardt: Das Museum war früher mal ein Gasthof, es hieß „Zum Goldenen Schwan“. Ein sogenannter Ausspanngasthof. Hier haben die Fuhrleute übernachtet, die zu den Märkten nach Weimar wollten.  

Zu Goethes Zeiten gingen hier also Fuhrleute ein und aus?  

Reichardt: Ja, auch schon davor. Zu Goethes Zeiten gab es schon die Brücke über die Ilm, die direkt hinter unserem Museum über den Fluss führt. Davor mussten die Kaufleute mit ihren Fuhrwerken noch durch eine Furt. Goethes Spuren sind hier nirgends weit: Der Garten des Bienenmuseums grenzt direkt an den Goethepark. 

Und wie wurde das schöne Gebäude zum Bienenmuseum? 

Reichardt: Über ein paar Etappen. Der Start war im Jahr 1902, als in Weimar der erste deutsche Imkertag stattfand. Damals war Ferdinand Gerstung hier aktiv. Er rief die anreisenden Imker dazu auf, alte Geräte mitzubringen, um sie nicht in Vergessenheit geraten zulassen. Als die Imker nach dem Imkertag wieder abreisten, ließen sie ihren alten Kram hier. Das war der Grundstock für das „Deutschen Reichs-Bienenzuchtmuseum“, das dann von den Weimarern Imkervereinen – bis 1934 gab es zwei – im damaligen Naturkundemuseum betreut wurden. In dieses Gebäude kam es aber erst 1957 anlässlich seines 50-jährigen Bestehens.  

Frank Reichardt vor einem Schaukasten: Darin sind alte Druckstempel zu sehen, mit denen Ferdinand Gerstung die Bienenzeitungen gesetzt hat. Foto: Silke Beckedorf

Was war die größte Krise in der Geschichte des Museums? 

Reichardt: Da gab es zwei. 1971 wurde das Museum wegen Baufälligkeit geschlossen und erst 1984 begann der Wiederaufbau auf Druck der Weimarer Imker. 2003 stand dann noch einmal alles auf der Kippe. Damals hatte die Stadt Weimar das Museum aus Geldmangel geschlossen. Maßgeblich zur Rettung beigetragen hat Ekkehard Hülsmann, der damals Präsident des Deutschen Imkerbundes war. Er hat 80.000 Euro aus Mitteln des Imkerbundes als Anschubfinanzierung zur Verfügung gestellt. Dann gab es auch noch eine Art „Sorgerechtsstreit“ um das Museum: Sowohl der Förderverein als auch der Landesverband Thüringer Imker wollten das Museum übernehmen. Der Stadtkulturdirektor Felix Leibrock gab es damals den Imkern. Als das verkündet wurde, ist der ganze Förderverein in der Stadtkulturdirektion geschlossen aufgestanden und hat den Saal verlassen.  

Bienenmuseum Weimar: Engagement von allen Seiten

Seither wird das Bienenmuseum vom Landesverband Thüringer Imker betrieben? 

Reichardt: Ja, und das ist wahrlich nicht immer einfach gewesen. Wir hatten immer knappe Mittel für Personal und auch für die Ausstellung. Einmal wurde das Museum 2013 überflutet, als die Ilm über die Ufer trat. Wir stemmen das hier mit viel ehrenamtlichen Engagement, vielen Spenden von den Freunden des Deutschen Bienenmuseums und auch mit viel Kreativität. So haben wir mit der Sendung des MDR „Mach Dich Ran“ einen Helfer gefunden, der uns damit die Sanierung des Saalbodens ermöglichte. Ohne solche Ideen geht es nicht. 

Aber das Ergebnis gibt Ihnen Recht. 

Der Hausmeister Rene Glaß nimmt die neu gelieferte Schrankbeute in Empfang. Im Hintergrund Exponate aus der Sammlung des Bienenmuseums. Foto: Silke Beckedorf

Reichardt: Ich denke schon. Im Jahr 2019 hatten wir rund 24.000 Besucher. Es kommen viele Imkergruppen, aber auch Schulklassen und andere Interessierte aus ganz Deutschland. Die Veranstaltungen, die hier stattfinden, tragen natürlich auch zur Beliebtheit bei. Der Adventsmarkt, die Backofenfeste.  

Welche Exponate stoßen auf besonderes Interesse? 

Reichardt: Ach, das ist schwer zu sagen. Die Figurenbeute des Mohrs, denke ich, wenn sie Bienen im Bauch hat. Zurzeit steht sie leer – wir warten noch auf einen Schwarm! 

Und was ist ihr Lieblingsstück hier im Museum? 

Reichardt: Eigentlich alle! Am besten gefällt es mir, wenn ich ganz früh auf den Hof komme, hier vor dem Laden unter den Linden in der Sonne sitze und auf die Ilmwiesen schauen kann. Die Atmosphäre ist wunderschön, so ruhig am Anfang des Tages, bevor die Besucher kommen.  

Danke für das Gespräch! 

Die Fragen stellte Silke Beckedorf. 

Foto: Silke Beckedorf

Frank Reichardt, 65 Jahre, leitet seit 2002 den Landesverband Thüringer Imker. Für sein Engagement um das Museum und die Belange der Imker wurde er 2020 in Münster als „Apisticus des Jahres“ ausgezeichnet. Er betreut zurzeit zusammen mit seiner Tochter fünf eigene Bienenvölker.  

Die Sendung „Mach Dich ran“, in der es um die Renovierung des Museumsfußbodens geht, wird am 22.06.2020 um 19.50 Uhr auf MDR gesendet. 

Ein Beitrag über die Bibliothek des Bienenmuseums Weimar erschien in der Ausgabe 4/2020 des Deutschen Bienen-Journals>>>

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