Was bedeutet Tierwohl in der Imkerei?

05. Juli 2021

Bei Schweinen, Rindern oder Geflügel ist die Frage nach dem Tierwohl schon lange Teil der Bio-Kontrolle. Bioland nimmt nun als erster Bio-Anbauverband die Frage nach der artgerechten Haltung von Bienen mit dazu. Doch was bedeutet Tierwohl in der Imkerei? Welche Kriterien gehören dazu? Und wie kontrollieren die Prüfstellen das? Fragen und Antworten zum Tierwohl in der Imkerei.

Der Begriff Tierwohl steht schon lange in der Debatte. Oft werden Forderungen zu verbesserten Haltungsbedingungen von Nutztieren, freiwilligen und staatliche Labeln und mehr Rücksicht auf die Tiere laut. Bislang ging es in der Diskussion eher um Schweine, Rinder und Geflügel, kaum um Bienen. Der Bioland-Verband hat das nun geändert: Er startet in diesem Jahr mit Tierwohlkontrollen in Imkereien. Was steckt dahinter?

Tierwohl: Bioland legt Kriterienkatalog für Imker vor

Begonnen hat alles mit der Gründung einer Tierwohl-AG bei Bioland in den Jahren 2013/2014. Zu dieser AG gehören heute auch die Bio-Verbände Naturland, Biokreis und Gäa. Gemeinsam haben sie Vorgaben für die einzelnen Nutztierarten entwickelt und eine entsprechende Definition für das Tierwohl erarbeitet. Diese detaillierten Vorgaben und die damit zusammenhängenden strengen Kontrollen sollen den Verbrauchern, denen Tierwohl wichtig ist, beim Einkauf eine Entscheidungsgrundlage bieten.

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Ähnlich versuchte es auch das Bundeslandwirtschaftsministerium, das den Begriff des Tierwohls für die Schweinehaltung definiert hat. Ziel war es, ein neues freiwilliges Label einzuführen. Der dazugehörige Gesetzesentwurf wartet aber schon seit zwei Jahren auf einen Beschluss und gilt mittlerweile als gescheitert. Wenn, dann müsste das Thema von der neuen Bundesregierung wieder aufgegriffen werden.

Da sind die Bio-Anbauverbände schon weiter: So gibt es bei Bioland schon lange Tierwohlkontrollen für fast alle Nutztiere: Rinder, Schweine, Geflügel, Pferde, Schafe und Ziegen. Seit 2021 nun auch für Bienen. „Die Tierwohlkontrolle bei Bienen ist aktuell noch eine Initiative, die auf den Bioland-Verband beschränkt ist“, erklärt Albrecht Pausch, selbst Berufsimker und Sprecher des Bundesfachausschusses Imkerei bei Bioland. Er hat den Aufbau der Tierwohlkontrollen in Imkereien von Anfang an begleitet. Dabei geht es im Prinzip um Haltungsbedingungen und einen schonenden Umgang mit den Bienen. Sie sollten zwar bereits als gute fachliche Imkerpraxis Standard sein. Dadurch, dass die Bedingungen nun in einem Kriterienkatalog festgelegt und Teil der Bio-Kontrolle sind, bekommen sie aber mehr Verbindlichkeit. Die Kriterien sind so angelegt, dass die Ergebnisse im Mittelpunkt stehen. Imkerinnen und Imker haben viel Freiheit, diese zu erreichen.

Ab 2021 ist Tierwohl Teil der Kontrollen in Imkereien

Die Kriterien wurden im vergangenen Jahr bei einigen Imkereien getestet und sind 2021 erstmals standardmäßig ins Programm der Kontrollstellen aufgenommen worden. „Maßstab war und ist ein gutes Gesundheitsmanagement und eine Betriebsweise, welche die Tiere nicht auf ihren Nutzen reduziert“, sagt Pausch. Denn Tiere seien keine Maschinen und auch keine leblosen Rohstofflieferanten. „Sie haben Ansprüche an eine gesunde Haltung, die Rücksicht auf ihre Unversehrtheit und ihr Wohlergehen nimmt.“

Für die Kontrollen hat Bioland einen Leitfaden erstellt und die Kontrolleure geschult. Die folgenden Kriterien beschreiben den Kern der Tierwohl-Vorgaben für Bienen. Er teilt sich in mehrere Bereiche auf:

  1. Futterzustand
    • Vermeidung von Futtermangel (einschließlich Pollen und Wasser)
    • sauberes Futter muss zur Verfügung stehen
  2. Gute Haltungsbedingungen
    • geeigneter Standort der Bienenvölker
    • guter Zustand der Beuten: Schutz vor Regen und Nässe, Sicherung vor Nagern, geeignete Beuten zur Wanderung
    • sorgsamer Umgang mit den Bienen: Vermeidung von Bienenquetschen, bienenschonende Wanderung, keine von Imkerin/Imker ausgelöste Räuberei, Vermeidung von Bienenschäden bei der Honigernte am Stand, Vermeidung von Bienenschäden im Schleuderraum
  3. Gesundheitszustand
    • Wissen um Zustand der Völker belegt durch Aufzeichnungen: Bienenkrankrankheiten, Weiselrichtigkeit, korrekte und rechtzeitige Varroabehandlung mit Wissen um Schadschwellen
  4. Die Völker kommen gesund aus der Tracht und die Verluste sind im akzeptablen Bereich
    • nicht mehr als 20 Prozent Überwinterungsverluste
    • nicht mehr als 30 Prozent Völkerverluste zwischen Auswinterung und Einwinterung

Verstöße gegen das Tierwohl: Imkereien müssen nachbessern

Die Kontrolle findet bei größeren Imkereien – ab 30 Völkern – jährlich statt. Bei kleineren Imkereien alle drei Jahre. Bei den Kontrollen gehen die Prüfer die Checkliste durch. „Werden Abweichungen von den Kriterien festgestellt, wird der Imker oder die Imkerin über das Kontrollergebnis informiert und dazu aufgefordert, die Mängel abzustellen“, sagt Albrecht Pausch. Sanktionen kann der Verband dann aussprechen, wenn Verstöße eklatant sind oder nach weiteren Kontrollen festgestellt wird, dass sie nicht abgestellt wurden.

Doch Bioland gesteht den Imkereien eine „Schonfrist“ zu, da die Tierwohlkontrollen ja noch neu seien. „Bei der ersten Kontrolle werden noch keine Sanktionen ausgesprochen“, erklärt Pausch. Der Fokus liege aber auch hier auf dem Abstellen der Mängel. Bioland selbst sieht das Ganze selbst auch als lebendigen Prozess an. „Wir werden Erfahrungen sammeln, diese bewerten und gegebenenfalls Anpassungen vornehmen“, so der Bioland-Imker. Doch er betont auch, dass die grundlegenden Kriterien nicht mehr in Frage gestellt werden.

jtw

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