Wilde Honigbienen und was man von ihnen lernen kann

28. Juni 2018

Wilde Honigbienen gibt es auch in Deutschland noch in größerer Zahl. Ihnen wird derzeit immer mehr Aufmerksamkeit geschenkt. Sebastian Roth dokumentiert die wilden Honigbienenvölker online im BEEtree-Monitor und beantwortet fünf Fragen zum Thema.

1. Warum wird den wilden Honigbienenvölkern in Deutschland gerade jetzt immer mehr Aufmerksamkeit geschenkt? Wie kommt es zu dem scheinbar neuen und breiteren Interesse?

Roth: Das Interesse vieler Hobby-Bienenhalter verschiebt sich in den letzten Jahren. Sie sind weniger am Honig und anderen Bienenprodukten interessiert, stellen andere Gesichtspunkte der Honigbienen in den Vordergrund und hinterfragen tradierte Sichtweisen bzw. Methoden, z. B. auch beim heiklen Thema Varroabehandlung. Großes Interesse wecken Beispiele von wild lebenden aber auch betreuten Völkern aus anderen Ländern, die zeigen, dass durch einen Selektionsprozess eine Koexistenz von westlicher Honigbiene und Varroamilbe möglich ist. Ebenso kommen Impulse aus der Wissenschaft: Die Artikel von Seeley (Darwinistische Bienenhaltung) sowie Neumann & Blacquiere (The Darwin cure for apiculture) sind nur zwei Beispiele dafür.

2. Gibt es Schätzungen dazu, wie viele wilde Honigbienen es in Deutschland ungefähr gibt?

Roth: Die erste wissenschaftliche Untersuchung in Deutschland speziell zu Völkern im Ökosystem Buchenwald wurde in der Juniausgabe bereits vorgestellt. Nach Hochrechnung leben allein in Deutschlands Wäldern mehrere Tausend Völker in Baumhöhlen. Eine Schätzung der Gesamtanzahl ist bisher kaum möglich, da zu wenig systematisch erfasst ist und jeder Landschaftstyp unterschiedliche Bedingungen, wozu Nisthöhlen und Nahrung gehören, bietet.

3. Sie dokumentieren die wilden Honigbienenvölker online im BEEtree-Monitor. Warum ist es wichtig, neue Daten zu diesem Thema zu sammeln, was erhofft sich die Forschung davon?

Roth: Bisher gibt es keine validen Informationen über wild lebende Völker in Deutschland. Aus einem Fokus auf die Honigbiene als Wildtier ergeben sich außerordentlich spannende Fragestellungen und wir hoffen in den nächsten Jahren einige davon beantworten zu können: Wie lange überleben diese Bienenvölker und bilden sich durch Selektion über Zeit widerstandsfähige Kolonien und lokale Populationen heraus? Interagieren wild lebende mit betreuten Bienenvölkern und umgekehrt? Wenn ja, wie wirkt sich dies jeweils aus? Wie häufig kommen sie in den unterschiedlichen Landschaftstypen vor und welche begünstigenden bzw. begrenzenden Bedingungen gibt es?

4. Aufgespürt werden können die wilden Honigbienen durch das sogenannte Beelining. Ist das nur etwas für Imker, die ausreichend Kenntnisse über Bienen haben oder quasi auch etwas für Laien?

Roth: Die Suche von Bienenvölkern in der Natur ist eine spannende Tätigkeit, die jeder Mensch unabhängig von Alter, Ort und Wissen über Bienen in seiner Freizeit ausprobieren kann. Der Artikel im letzten Heft zeigt, wie wenig dazu notwendig ist und was zu beachten ist.

5. Sehen Sie Gefahren darin, wenn die Zahl der wilden Honigbienen wieder ansteigt? Wenn ja, welche? Oder bietet dies Vorteile bzw. sagt etwas über den Zustand unserer Naturräume aus?

Roth: Ob die Zahl wild lebender Völker insgesamt ansteigt, wissen wir noch nicht. Sie sind oft schwer zu finden und wurden deshalb bisher nicht in der Anzahl wahrgenommen, obwohl sie wohl immer existiert haben. Von Untersuchungen aus England, Neuseeland und ersten Stichproben in Deutschland wissen wir, dass wild lebende Völker bei guter Gesundheit sind. Die Studien von Seeley, Rosenkranz, Fries, Locke usw. zeigen, dass wir von der Honigbiene als Wildtier viel über die Anpassung an Umweltveränderungen lernen können. Die positiven Aspekte überwiegen aus unserer Sicht daher eindeutig. Und was können wir uns in der Imkerei mehr wünschen, als Bienen irgendwann nicht mehr behandeln zu müssen?

Ausführliche Beiträge zu wilden Honigbienenvölkern und der Methode des Beelining lesen Sie hier. >>> 



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