Imkern in Klotzbeute und Zeidelbäumen

19. Februar 2020

Zeidelbäume und Klotzbeuten standen mancherorts mit am Beginn der Imkerei. Einige Imkerinnen und Imker haben die Biene als Waldtier wiederentdeckt.

Wenn Sabine Bergmann bei ihren Bienenvölkern vorbeischaut, dauert das durchaus drei Stunden. Das liegt allerdings nicht daran, dass sie so viel Zeit mit der Durchsicht verbringt, sondern verdankt sich schlicht der Tatsache, dass ihre 15 Bienenvölker weit über das Gelände der Rudolf-Steiner-Werkgemeinschaft in Schloss Hamborn bei Paderborn verteilt sind. Früher standen ihre Beuten allesamt in einer Reihe, doch schließlich ging Bergmann dazu über, die Völker in größeren Abständen zueinander aufzustellen, um den Verhältnissen einer natürlichen Bienenpopulation eher zu entsprechen.

Ihr Weg führt die Imkerin nun vorbei an Kleewiesen, über Kuhweiden, durch einen Wald und in ein kleines Tal. „Dazu muss man natürlich die Zeit haben, denn ich muss eine ganz schöne Strecke zurücklegen, bis ich alle Völker besucht habe“, erzählt Bergmann. „Das Schöne aber ist, dass man am Bienenstand nicht roboterhaft von einem Volk zum nächsten übergeht. Und das Laufen dazwischen hat durchaus etwas Meditatives.“

Nach dem Zeidlerkurs Feuer und Flamme für Klotzbeuten

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Ihre Völker hält Bergmann in ganz unterschiedlichen Beuten – darunter befinden sich auch eine stehende und hängende Zeidelfichte sowie Klotzbeuten. Auf diese Beuten stieß sie, als sie 2014 am ersten Zeidlerkurs in Deutschland teilnahm – ein Thema, für das sie sofort Feuer und Flamme war. „Danach ging alles ganz schnell“, berichtet Bergmann. „Es hat sich seitdem viel verändert. Hier in Schloss Hamborn war die Infrastruktur für diese Art der Bienenhaltung schon vorhanden. Es gibt einen Wald, einen Förster, mit dem man reden kann, viel Platz und offene Menschen – es passte einfach alles wunderbar zusammen.“ Seither richtet die Imkerin auch regelmäßig mit ihrem Team Zeidlerkurse aus, in denen die Teilnehmer unter anderem das Bauen von Klotzbeuten lernen.

Die Klotzbeute nach Zeidlerart

Bei der Klotzbeute handelt es sich um einen ausgehöhlten Baumklotz. Dabei hat die ausgestemmte Nisthöhle ein Volumen von rund 40 bis 70 Litern und kann unterschiedlich geformt sein. Mal ist sie eckig, mal rund; mal sind Decke und Boden schräg, mal gerade. Welche Variante die bessere ist, wird sich in ein paar Jahren herausstellen. Aber einen schrägen Boden findet Bergmann schon jetzt unpraktisch, da darauf weder ein Futtergefäß noch ein Verdunster zur Varroabehandlung gestellt werden kann.

Klotzbeute Zeidelbaum Foto: Sebastian Spiewok
Das Bienenvolk im Zeidelbaum kann Bergmann dank eines Podestes auch Besuchern vorführen. Foto: Sebastian Spiewok

Die Innenwände der Höhle bleiben rau. Das soll die Bienen dazu anregen, die Höhle stärker mit Propolis auszukleiden. Um die Waben zu stabilisieren, wird die Höhle mit dünnen Holzstäbchen, sogenannten Speilen ausgestattet. Allerdings setzt Bergmann anfangs keine Speile im unteren Abschnitt ein. „Ich habe es schon erlebt, dass Schwärme nicht oben an der Decke, sondern an den tieferen Speilen mit dem Wabenbau begonnen haben, wenn es kalt ist“, berichtet Bergmann. „Da sich die Wärme oben in der Höhle sammelt, überlebt ein Schwarm, der unten sitzt, meist nicht.“ Folglich setzt sie die Speile im unteren Teil erst später ein, nachdem der Schwarm bereits mit dem Bauen angefangen hat. Außerdem heftet sie an die Höhlendecke kleine Wabenstücke, die als Ansatzstellen und Richtungsgeber für den Wabenbau dienen, damit man später in die Wabengassen hineinschauen kann.

So sehen Klotzbeuten aus

Die Öffnung zum Bearbeiten des Volkes befindet sich bei der Klotzbeute nach Zeidlerart um 90 Grad versetzt zum Flugloch. Die Öffnung ist etwa 100 cm hoch und so breit wie eine Faust. Der Ursprung für diese relativ geringe Breite liegt ebenfalls im lebenden Baum, der angesichts des Eingriffs so weit wie möglich geschont werden soll.

Verschlossen wird die Öffnung mit den Spundbrettern – einem längeren im oberen Teil und einem kürzeren im unteren. Zur Nachschau wird in der Regel nur das untere Brett entfernt. Dort wird gegebenenfalls das Futter gereicht, eine Windel eingelegt oder die Ameisensäurebehandlung durchgeführt. Damit die Bienen die Spundbretter nicht verbauen, kommt vor die Innenseite der Bretter noch ein Öl- oder Wachstuch. Bleiben größere Spalten zwischen Brett und Baumstamm offen, werden diese verschlossen, beispielsweise mit Lehm oder Moos. Schließlich werden die Spundbretter noch abgedeckt, indem ein Kissen aus Ästen und Laub mit einem Hanfband an Holznägeln im Stamm festgebunden wird. „Das verhindert unter anderem, dass Spechte dort zu hämmern anfangen“, erklärt Bergmann.

Der Zeidelbaum

Klotzbeute Wabenwerk Foto: Sebastian Spiewok
Durch eine Öffnung lässt sich das Wabenwerk des Bienenvolkes in gewissen Grenzen begutachten. Foto: Sebastian Spiewok

Für die Einrichtung eines Zeidelbaums muss ein dicker und gesunder Baum ausgesucht werden. Ein kranker Baum würde den Eingriff womöglich nicht verkraften, und die ganze Arbeit wäre umsonst gewesen. Der Baum sollte auf Brusthöhe einen Durchmesser von mindestens einem Meter haben. „Die Zeidelbäume waren oft Kiefern“, erklärt Bergmann. „Weniger geeignet sind Buchen, da das Regenwasser an der glatten Rinde stark abläuft und die Höhle überschwemmen könnte. Aber man sollte sich einen potenziellen Zeidelbaum grundsätzlich auch bei Regen anschauen, damit man erkennt, wo er nass wird und wo er trocken bleibt.“

Den Baum, in dem Bergmanns Bienen nisten, hat der zuständige Förster ausgesucht. „Man höhlt einen Baum auch nicht so mir nichts, dir nichts aus“, erinnert sich Bergmann, die durchaus Gewissensbisse hatte, den Baum zu verletzen. Da befürchtete sie, dass er nun doch eingehen könnte. „Aber er wächst auch heute noch, und beim letzten großen Sturm sind die Fichten rechts und links von der Zeidelfichte gefallen, sie selbst blieb jedoch stehen. Hört man das Summen der Bienen im Wald und sieht sie übers Ellerbachtal fiegen, wird klar: Die Biene gehört in den Wald.“

Normalerweise klettert ein Zeidler zur Bienenhöhle hinauf. Dazu gibt es unterschiedliche Klettertechniken. Bergmann hat der Einfachheit halber jedoch ein Podest am Baum errichtet, auf das sie mit einer Leiter gelangt. So können Interessierte bei Führungen das Bienenvolk direkt aus der Nähe betrachten.

Der Hängende Baum

Klotzbeuten und Zeidelbäume – Das Wichtigste in Übersicht

  • Klotzbeuten sind ausgehöhlte Baumklötze mit einer Nisthöhle von 40 bis 70l
    • zur Stabilisation wird die Höhle mit Speilen ausgestattet
    • die Öffnung zur Bearbeitung des Volkes befindet sich um 90 Grad versetzt zum Flugloch
  • Zeidelbäume sind lebende Bäume, in die eine Höhle gebaut wird
    • Voraussetzung: dicker, gesunder Baum, auf Brusthöhe Durchmesser von mind. 100 cm
    • geeignet sind Kiefern und Fichten, weniger Buchen
    • Alternative zum Zeidelbaum: der Hängende Baum („log hive“) – eine Klotzbeute, die an einen Baum gehangen wird

Das gehört dazu:

  • kein tieferer Einblick in die Waben möglich
  • Honigernte nur bedingt möglich
  • durch Höhlenboden Möglichkeit zur Futterzugabe und Varroabehandlung

Eine Alternative zum Zeidelbaum ist ein sogenannter Hängender Baum, der auch mit dem englischen Begriff „log hive“ bezeichnet wird. Dabei wird eine Klotzbeute in einen Baum gehievt. Das ist jedoch kein leichtes Unterfangen und sollte nur von professionellen Baumpflegern durchgeführt werden, denn die Nisthöhlen sollen – dem Vorbild der natürlichen Spechthöhlen entsprechend– möglichst hoch liegen. Die Beute muss sicher hängen und der Baum darf nicht verletzt werden.

„Kommt man ohne fremde Hilfe nicht an die Beuten, sollten diese nur so hoch hängen, dass man sie auch mit einer Leiter erreicht.“

Wer zur Kontrolle der Beute hoch hinaus will, muss allerdings entsprechend klettern können. Bergmann hat gelernt, sowohl mit einer modernen Ausrüstung als auch mit der traditionellen polnischen Klettertechnik einen Baum zu erklimmen. Kommt man ohne fremde Hilfe nicht an die Beuten, sollten diese nur so hoch hängen, dass man sie auch mit einer Leiter erreicht.

Imkern in der Klotzbeute: Den Bienen vertrauen

Öffnet man eine Klotzbeute oder einen Zeidelbaum, schaut man auf ein faszinierendes Wabenwerk. Die einzelnen Waben kann man nahe der Öffnung noch ein wenig auseinanderdrücken, um einen Blick in die Gassen zu werfen, aber einen tieferen Einblick ins Bienennest erhält man so nicht. „Das ist für Imker ungewohnt, die normalerweise die Rähmchen mühelos aus der Beute ziehen“, weiß Bergmann. „Man muss schon viel Vertrauen haben, dass die Bienen vieles selbst regeln – und meistens schaffen die das auch. Wenn es im Verein heißt, das Volk hat keine Brut, ist sofort Panik angesagt. Da muss dann umgehend eine neue Königin rein. Aber die Bienen können das durchaus alleine regeln.“

Klotzbeute Öffnung Foto: Sabine Bergmann
Die Öffnung zur Bearbeitung der Klotzbeute wird mit einem sogenannten Kissen abgedeckt. Foto: Sabine Bergmann

Klotzbeuten: Bienen dürfen schwärmen

Die Völker werden in den Klotzbeuten und Zeidelbäumen heute in aller Regel extensiv bewirtschaftet. So dürfen die Bienen entsprechend schwärmen und ihren gesamten Honig oder zumindest einen größeren Teil davon behalten. Zur Honigernte schnitten die ursprünglichen Zeidler nur die unteren Wabenteile heraus, da diese den überschüssigen Honig enthalten. Daran halten sich auch die neuen Zeidler – sofern sie überhaupt von den Völkern ernten wollen. Der Vorrat, den die Bienen selbst benötigen, lagert über dem Brutnest. Benötigen die Völker zusätzliches Futter, lässt sich ein Futtergefäß auf den Höhlenboden stellen. Dort ist zudem Platz für einen Verdunster zur Varroabehandlung. Bergmann überprüft den Milbenfall mit einer Stoffwindel, um bei zu hoher Milbenzahl zu behandeln. Auch eine Winterbehandlung ist möglich, erklärt die Imkerin: „Das Träufeln funktioniert gut mit einer Spritze und einem Schlauch.“

Die Beuten wurden ursprünglich auf natürliche Weise von Schwärmen besiedelt. Das ist auch heute noch Bergmanns Ziel. Damit Bienenschwärme die Beuten besser finden, werden sie „geschminkt“: Die Innenseite wird mit einer Substanz eingerieben, deren Geruch für Bienen angenehm sein soll. Ein klassisches Mittel besteht aus Propolis und Katzenminze, es gibt aber viele unterschiedliche Rezepte, die manche Zeidler als wertvolles Geheimnis hüten. Außerdem wird die Beute vor der Schwarmzeit „verkleidet“, indem sie mit viel Grünzeug eingedeckt wird. „Die Biene liebt es im Verborgenen“, zitiert Bergmann aus einem Buch und fügt hinzu: „Die Zeidler sagten, wenn eine Beute nach fünf Jahren immer noch leer ist, muss man den Standort wechseln.“

Klotzbeute Dach Foto:
Auf die Klotzbeute gehört ein Dach, damit kein Wasser eindringt, zum Beispiel ein kleiner, halbierter Baumstamm mit Borke. Foto: David Cyklarz

Bei leeren Beuten und Bäumen muss man zum Winter hin die Spundhölzer entfernen, damit die Höhlen nicht anfangen zu schimmeln. Außerdem werden sie mit Dornengestrüpp gefüllt, da ansonsten Waschbären und andere Tiere die Höhle gerne als Schlafplatz verwenden.

Klotzbeute herstellen: Extensiv, aber mit Erfahrung

Immer wieder erreichen Bergmann Anfragen von Leuten, die eben mal schnell eine Klotzbeute herstellen oder eine solche Beute aufstellen wollen, ohne sich dann weiter um die Bienen zu kümmern. Diesen Anliegen erteilt Bergmann jedoch stets eine klare Absage. „Die Leute sollen erst einmal eine Ausbildung machen, wesensgemäß oder auch im normalen Verein“, sagt Bergmann. „Auch damals mussten die Söhne lange Zeit bei ihrem Vater in die Lehre gehen, um Zeidler zu werden.“

Klotzbeute Spähle Foto: Sebastian Spiewok
Die Speile in der Höhlung stabilisieren später die Waben. Foto: Sebastian Spiewok

Viele Dinge warten bei dieser Form der Bienenhaltung noch auf ihre Wiederentdeckung. „Alle werden ganz verrückt, wenn jemand alte Literatur aufgetrieben hat, die vielleicht wieder ein paar Fragen klärt“, erzählt Bergmann. „Das ist irre spannend.“ Es schwirren viele Aussagen zur extensiven Bienenhaltung herum – ob älteren oder neueren Datums –, die mal mehr, mal weniger handfest sind. „Ich weiß nicht, was stimmt“ ist daher ein Satz, den Bergmann hin und wieder verwendet, wenn sie über einzelne Aspekte ihrer Beuten spricht. Aus diesem Grund hält Bergmann den internationalen Austausch mit polnischen, weißrussischen und russischen Zeidlern für sehr wichtig.

Honigbiene als Wildtier etablieren

Als entferntes Ziel sieht sie, die Biene wieder als Waldtier zu etablieren. Das solle aber nicht mit Ach und Krach, sondern Stück für Stück geschehen. Wichtig für Bergmann ist vor allem, den Bienen ihre Selbstbestimmung zurückzugeben.

Klotzbeute Axt Foto: Sebastian Spiewok
Das wichtigste Werkzeug des Zeidlers ist nicht der Stockmeißel, sondern die Axt. Foto: Sebastian Spiewok

Jedes Volk soll seine Einheit behalten. Daher tauscht sie auch zwischen ihren Völkern in den Magazinbeuten keine Waben aus. Ist ein Volk schwach, verstärkt sie es nicht, sondern gibt ihm die Zeit, sich selbst wiederaufzubauen. Bergmanns Meinung ist hier klar: „Man muss sich auch zurückhalten können und nicht immer denken, man könne es besser als die Bienen.“

Das Flugloch: Bei den Klotzbeuten nach Zeidlerart ist das Flugloch groß und rechteckig. Darin steckt ein Keil, sodass nur zwei kleine Spalte übrigbleiben. Der Keil verzögert beim Zeidelbaum das Zuwachsen des Flugloches. Das verletzte Baumgewebe überwallt sonst recht schnell das Einflugsloch – dessen Ränder können sich derart verdicken, dass ein Keil, der anfangs noch herausragte, nach zwei Jahren wie eingesunken aussieht. Das Flugloch befindet sich am unteren Ende des oberen Höhlendrittels. „Die Bienen brüten gerne fluglochnah“, erklärt Sabine Bergmann. „Im Raum darüber legen sie ihre Vorräte an.“ Optimal ist es, wenn das Flugloch nach Osten zeigt. Eine Klotzbeute lässt sich entsprechend ausrichten, aber bei einem Zeidelbaum bestimmen mehrere Faktoren die Ausrichtung. „Man sollte sich beim Anbringen des Flugloches auch am Stamm orientieren“, rät Bergmann. „So kann zum Beispiel eine Wölbung über dem Flugloch verhindern, dass Wasser hineinläuft.“

Sebastian Spiewok

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