Juli im Bienenstock: Umschwung vom Sommervolk zum Wintervolk

01. Juli 2019

Während wir uns am Sommer freuen und die Früchte reifen, werden die Tage kürzer und unseren Bienenvölkern geht in diesem Monat der Nachschub an Nektar aus. Für die Bienen fängt der Herbst an. Mit wenigen Ausnahmen endet Mitte des Monats das Nahrungsangebot. Zu den Ausnahmen gehören: Buchweizen, Sonnenblume, Phacelia, Heide, Springkraut, Alpenrose und Waldtrachten. Statt Nektar sind jetzt meist nur noch Pollen vorhanden. Diese sind für den Aufbau der Winterbienen sehr wichtig.

Ein Volk benötigt unterschiedlichen Untersuchungen zufolge etwa 30 bis 45 kg Pollen pro Jahr zur Selbstversorgung. Selbstversorgung heißt: Die Ammenbienen fressen den Pollen und geben dadurch den Futtersaftdrüsen Nahrung, aus denen sie Gelee Royale produzieren. Mit diesem Futtersaft werden vor allem die jungen Larven gefüttert. Die Völker benötigen also einen vielfältig gedeckten „Pollentisch“. Gesunder Pollen ist aber in unserer Agrarwüste keine Selbstverständlichkeit mehr.

Ich beobachte seit zahlreichen Jahren, dass sich meine Völker, die ich im Juli und August im Gebirge platziert habe, wesentlich besser entwickeln und auf den Winter vorbereiten können, als Völker, die in landwirtschaftlich genutzten Regionen stehen. So schön ein Sonnenblumenhonig auch sei, die Bienenmasse geht während des Beflugs dieser Pflanze stark zurück. Mit dem Mais ist es noch schlimmer. Er gibt keinen Nektar und der Pollen ist minderwertig. Die Biene kämpft sich ab.

Das ist zu tun, wenn die Tracht endet

Die Bienen sind nun auch den vorbereitenden Spritzungen für die Wintersaat ausgesetzt. Wir können unseren österreichischen Kollegen zum Glyphosatverbot nur beglückwünschen! Es wird allerdings noch Jahre dauern, bis die Böden diese hochtoxische Substanz abgebaut haben und in unseren Honigen kein Glyphosat mehr auftaucht.

Ähnlich verhalten sich die Bienen auch in der Heide. Gebirgs- und Heidetrachten sind normalerweise naturrein und ihr Pollen ist hochwertig. Die Brut startet im Juli noch einmal durch. Im Gegensatz zur Heide erleben die Völker im Gebirge einen zweiten Frühling, sie geraten nochmals in Schwarmstimmung. Ihre Brut ist den ganzen Juli über noch vollflächig.

Da der Pollen reichhaltig ist, ziehen die Bienen die Brut auch gesund auf. Auch wenn der Varroadruck schon stark ist, so verteilt er sich doch auf eine große Zahl von Zellen. Wenn nun die Tracht Ende Juli oder Anfang August endet (die Heide erst Ende August), heißt es schnell zu handeln.

Varroasanierung mit totaler Brutentnahme

Ich habe mit der totalen Brutentnahme zur Varroasanierung in den letzten Jahren nur beste Erfahrungen gemacht. Auch wenn es im ersten Moment merkwürdig erscheint, dass Völker, denen Brut und Nachschubbienen verloren gehen, stärker ein- und auswintern. So ist dies doch bei näherer Betrachtung verständlich.

Die Art und Weise einer erfolgreichen Varroasanierung ist vom Zeitpunkt abhängig. Ab August ist die Brut in vielen Fällen so stark parasitiert, dass ich sie in der Beute abschüttle ohne die Königin zu suchen. Manches Mal fege ich die Waben ab. Dies ist bei größeren Völkerzahlen aber nicht realisierbar. Gleichzeitig werden Mittelwände in die leer werdende Beute eingehängt. Man kann auch Waben verwenden. Eine Futterwabe ist immer von Vorteil

Erste Fütterung und Restentmilbung

Wenn die Tracht aufgehört hat, muss man am Bienenstand rasch arbeiten, um den Ausbruch einer unkontrollierbaren Räuberei zu vermeiden. Nachdem alle Waben auf diese Weise bienenfrei oder fast bienenfrei sind, kommen diese in den Laderaum des Arbeitsfahrzeugs, der stets rasch verschlossen wird.

Ich hänge Mittelwände in gleicher Anzahl in das nun entkernte Volk wie zuvor Brutwaben. Dann gebe ich sechs bis acht Liter Zuckerwasser im Mischungsverhältnis 1:1 als erste Fütterung. Nach drei Tagen entsteht ein neues Brutnest. Zu diesem Termin kann mit einer Oxalsäurebehandlung eine Restentmilbung stattfinden. Das Volk ist mit dieser Methode innerhalb einer Woche saniert. Es baut ein kompaktes, vollständig neues und ungestört durch immer wiederkehrende Behandlungen weitgehend gesundes Brutnest auf.

Totale Brutentnahme im Juli: So funktioniert’s

Kann die totale Brutentnahme schon im Juli durchgeführt werden, dann gehe ich anders vor. An den Platz des Volkes kommt eine leere Beute mit Mittelwänden und, sofern vorhanden, einer Futterwabe. Aus dem zur Seite gestellten Volk entnehme ich die Königin und gebe sie in die neue Beute mitsamt einigen Bienen. Dann setze ich eine Bienenflucht auf und darauf die Honigräume (ausgeschleudert oder noch voll mit Honig) mit den ansitzenden Bienen.

Am nächsten Tag sind die Honigräume leer und die Bienen aus dem Honigraum bilden mit der alten Königin einen Kunstschwarmableger. Dieser legt sofort ein neues Brutnest an. Die alte Königin wechsle ich im August oder September aus, wenn reife neue Königinnen zur Verfügung stehen.

Ein kontinuierlicher Futterstrom, damit die Königin Eier legt Das auf der Seite stehende Altvolk hat ja nun keine Königin. Es fliegen weiter Bienen ab. Es bleiben aber so viele Bienen zurück, dass die Brut gepflegt werden kann. Nach drei Wochen sind die Zellen geschlüpft, das Volk ist brutfrei. Mittlerweile hat eine Nachschaffungskönigin begonnen, frisch Eier zu legen. Die Milbenbelastung reduziere ich jetzt durch eine oder mehrere Oxalsäurebehandlungen drastisch. Sind die Waben alt, kann man sie jetzt entnehmen und gegen Mittelwände tauschen. Sind sie noch jung, kann das Volk auf diesen Waben neu aufgebaut werden.

Die Nachschaffungskönigin wird durch eine kontrollierte Zuchtkönigin ausgetauscht und die kontinuierliche Auffütterung kann beginnen. Ich füttere in etwa sechs bis sieben Futtergaben zu je fünf bis sechs Liter im Abstand von sieben bis zehn Tagen. So ist gewährleistet, dass ein kontinuierlicher Futtersaftstrom die Königin zum legen von Eiern anregt.

Dies klappt ganz gut bis etwa Mitte August. Danach dominieren die kürzer werdenden Tage und die Legeleistung geht unerbittlich zurück. Ausserdem – und das ist vielleicht der wichtigere Teil an der langsamen Auffütterung – verhindern wir, dass das Brutnest durch zu viel Futter eingeschnürt wird und sich nicht so entwickeln kann, wie es der Königin möglich wäre, hätte sie genügend Platz.

Dringend notwendig: Pollen in vielfältiger Art

Wenn ich Bienenvölker jedoch Ende Juli oder gar noch später aus dem Wald hole, sind sie wegen Pollenmangels und stark rückläufiger Brut schwach geworden und nur überlebensfähig, wenn sie sofort eine gute Pollenversorgung bekommen. Es ist dann eventuell nötig, die Bienenmasse von zwei Völkern zusammen zu legen um mindestens zwei Kilogramm Bienen für den Einwinterungsprozess zur Verfügung zu haben.

Oftmals unterschätzen Imker die Notwendigkeit eines reichhaltigen Pollenangebotes zur gesunden Einwinterung. Pollen muss im Herbst in vielfältiger Art vorhanden sein. Doch Pollenbretter zum Überwintern sind unnütz und im Frühjahr sogar schädlich für die zügige Auswinterung. Ohnehin werden wir die Bruträume auch während des Einwinterungsprozesses anpassen und bevor der Winter kommt die Thermoschiede so setzen, dass die Wintertraube straff von ihnen eingefasst wird. Doch davon mehr im August.

Autor: Jürgen Binder

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TOP-THEMEN im April-Heft

1. Auf in den Raps

Die wichtigste Bienentracht des Jahres, der Raps, fängt vielerorts im April an zu blühen. Landwirte bieten gerne Standplätze für Bienenvölker an.. Imker wiederum sind manchmal skeptisch und haben Angst vor Rückständen im Honig. Ist das begründet? Eine Bestandsaufnahme.

2. Völkerdiebstahl

Auch dieses Jahr machen bereits erste Meldungen von Völkerdiebstählen die Runde – sogar ein Bieneninstitut war betroffen. Claudia Leiß vom Versicherer Gaede & Glauerdt hat für uns die gemeldeten Fallzahlen aufgeschlüsselt.

3. Drohnenrahmen

Wer verdeckelte Drohnenbrut entnimmt und einschmilzt, mindert den Varroa-Zuwachs in seinen Bienenvölkern effektiv, erntet Wachs und dämpft den Schwarmtrieb. Doch nur richtig eingesetzt können Drohnenrahmen ihre Wirkung voll entfalten. Tipps von Pia Aumeier.

4. Hebehilfen

Kippkontrollen, Fluchten einlegen, Böden tauschen: Bei all diesen Handgriffen muss man Lasten von 30 kg und mehr anheben, teilweise einhändig halten und wieder absetzen. Auf diese Gestelle und Techniken setzen Imkerinnen und Imker, um sich diese Arbeit zu erleichtern.

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