Varroamilben zählen: Hoher Befall – oder doch nicht?

25. August 2020

Um den richtigen Zeitpunkt für eine Varroabehandlung abzupassen, ist es wichtig, den Befallsgrad zu kennen. Also sollte man Varroamilben zählen. Doch wie sieht eigentlich eine Varroamilbe aus? 

Anders als auf ihrem asiatischen Ursprungswirt vermehren sich Varroamilben in den Völkern unserer Westlichen Honigbiene hervorragend sowohl in Drohnen-, als auch in Arbeiterinnenbrut. 2,6 Töchter entstehen im Mittel während der 14 verdeckelten Tage in männlichen, 1,4 Töchter während der zwölf Tage in weiblichen Brutzellen. 

Varroamilben zählen: 10, 20, 40, 80 … 

Obwohl Varroa-Weibchen das Kinderkriegen schon nach etwa zwei Brutzyklen mit dem Leben bezahlen, kann sich von März bis Oktober die Gesamtmilbenzahl im Volk alle drei Wochen verdoppeln. 

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Besonders steil ist die Befallsentwicklung dabei …  

  • in starken Völkern, die viel brüten und damit den Milben optimale Reproduktionsmöglichkeiten bieten. Direkt nebeneinander finde ich in meiner Imkerei aktuell Wirtschaftsvölker, die 9.000 Varroen beherbergen neben Völkern mit unproblematischen 300 Milben. 
  • nach frühzeitigem Saisonstart. Sind schon der Februar und März angenehm warm, finden sich im Vergleich mit Durchschnittsjahren jetzt im Herbst doppelt bis viermal so viele Milben.  
  • nach imkerlichem Missmanagement. Wer keine Mittelwände nutzt und damit viel Drohnenwildbau zulässt, oder aber auf akkurates Schneiden der Drohnenrahmen verzichtet, der kämpft bereits im Juli mit an Varroose sterbenden Völkern.  

Bedingt durch diese und weitere Faktoren kann sich aus nur zehn Varroen zum Saisonstart bis in den Spätsommer ein Gesamtbefall von 100, aber auch bis zu 10.000 Milben entwickeln. Mit durchschnittlich 25.000 Bienen und noch über 15.000 Brutzellen im August verkraften meine Wirtschaftsvölker selbst einen hohen Befall ohne nachhaltigen Schaden. 

Spätestens im September jedoch werden die Winterbienen erbrütet. Ihr Milbenbefall darf zehn Prozent nicht übersteigen. Etwa 10.000 Winterbienen strebt ein gutes Wirtschaftsvolk an, und es darf für eine erfolgreiche Überwinterung nicht mehr als 1.000 Varroen enthalten.  

Wer Varroamilben zählt, erlebt keine bösen Überraschungen 

Mediziner, Veterinäre, Landwirte und gut informierte Imker wissen: „Erst die Diagnose, dann die Therapie“. Mit Freude lese ich in aktuellen Infobriefen der Institute wissenschaftlich fundierte Tipps: „Der Schlüssel zum verlustfreien Imkern liegt in der Diagnose. Nur wer die Milbenbelastung im Volk kennt, kann richtig handeln.“ „Zählen Sie in jedem Volk. Die Milbenbelastung ist ein individuelles Problem.“ „Setzen Sie Medikamente nicht prophylaktisch ein. Handeln Sie Schadschwellen-orientiert. Behandeln Sie so viel wie nötig und so wenig wie möglich.“ 

In den Monaten Juli, August und September wird daher regelmäßig der Varroa-Befallsgrad bei den Bienenvölkern überprüft. Am besten geht man so vor, dass direkt nach der Abnahme der Honigräume die Stockwindel eingeschoben wird, um sich drei Tage später ein erstes Bild vom Befallsgrad zu machen. Warten Sie nicht länger, denn ansonsten werden Ameisen angezogen, die die Milben wegtragen und damit das Diagnoseergebnis verfälschen. Schwierig wird es auch mit dem Auslesen, wenn zugleich Honigräume zum Ausschlecken aufgesetzt sind. Dann befinden sich viele abgeschrotete Wachsteilchen auf der Windel und die Varroen lassen sich nur mühsam aufspüren.  

Varroamilben zählen
So geht man vor: Helle (Pfeile) und dunkle Milben zählen, dann durch die Anzahl der Diagnosetage teilen. Dies ergibt den „natürlichen Milbenfall pro Tag“, der Auskunft über die Notwendigkeit einer Behandlung gibt. Mutter- und erwachsene Tochtermilben entsprechen in Form und Größe einer Wachsschuppe (unten mittig im Bild). Foto: Dr. Pia Aumeier

Varroamilben zählen und entsprechend behandeln 

Bei einem Wirtschaftsvolk muss im Juli eingegriffen werden, wenn pro Tag über zehn Milben auf die Stockwindel gefallen sind; bei einem Jungvolk sind es fünf Milben pro Tag. Ansonsten wartet man bis Mitte/Ende August bis zur ersten Ameisensäurebehandlung. Die zweite Behandlung folgt nach der Einfütterung im September, wenn der Befallsgrad auf über fünf gefallene Milben pro Tag steigt. Liegt der Befallsgrad unter 30 gefallenen Milben/Tag, bietet sich bis Mitte August alternativ zur Ameisensäure das Verfahren „Teilen und behandeln“ an. Jungvölker, die im brutfreien Zustand korrekt entmilbt wurden, werden aufgrund ihres geringen Befalls mit der Varroa meist erst im September einmalig mit Ameisensäure behandelt, wenn ihr Befallsgrad über eine Varroa pro Tag steigt.  

Um die Anzahl der Varroen zuverlässig zu bestimmen, sollte man deren Aussehen kennen. Wichtig ist hier, dass man nicht nur die dunkel gefärbten Muttermilben mitzählt, sondern auch die helleren Tochtermilben. Diese werden schnell übersehen, haben aber Einfluss auf das Diagnoseergebnis – und damit auf die Therapie. Auf dem nebenstehenden Foto haben wir die Tochtermilben mit Pfeilen gekennzeichnet. 

Manchmal geraten Jungimker in Panik, wenn sie viele kleine Milben über die Stockwindel krabbeln sehen. Sie gehen dann von einem hohen Varroabefall aus. Doch auf die Bodeneinlage gefallene Varroen sind meist tot oder zucken allenfalls noch mit den Beinen. Wenn diese krabbeln, handelt es sich höchstwahrscheinlich um Pollenmilben, wie sie auf folgendem Video zu sehen sind.

Dr. Pia Aumeier, Malte Frerick 

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