Weltbienentag 2020: Gedanken zum 20. Mai

20. Mai 2020

Im Jahr 2017 wurde der Antrag der imkerbegeisterten Slowenen bei der Organisation der Vereinten Nationen genehmigt: Ein weltweiter Bienentag solle gefeiert werden, an dem Tag, an dem der berühmte Imkermeister und Slowene Anton Janscha geboren wurde. Zum Weltbienentag 2020 ziehen die Redakteure und Redakteurinnen des Deutschen Bienen-Journals Resümee und schreiben über ihre persönliche Beziehung zu den Bienen.

Zum Weltbienentag 2020 von Xandia Stampe: Ich mag euch Summseriche

Fast mein gesamtes Berufsleben beschäftige ich mich mit Bienen. Das begann beim Gartenbaustudium an der Humboldt-Uni in der fakultativen Vorlesung Bienenkunde. Die Geschichte von den Bienen und den Blüten hat mich seither nie mehr losgelassen. Die kleinen „Pelztiere“ faszinierten mich, sodass ich später selbst Hand anlegte und mir Bienenvölker in den Garten stellte. In diesem Jahr sind es 12 Wirtschaftsvölker. Und wer da behauptet, ein Bienenjahr gleiche dem andern, der irrt. Kein Jahr ist wie das andere – es bleibt unglaublich spannend und manchmal unvorhersehbar – im Guten wie im Schlechten, immer neue Herausforderungen tun sich auf.

Wanderung mit den Bienen zur Corona-Zeit
Zwei von Xandia Stampes insgesamt 12 Völkern im Raps. Gerade zu Coronazeiten genießt sie die intensive Zeit mit den Bienen in der Natur. Foto: Xandia Stampe

Man darf nie aufhören aufmerksam zu sein und die „Sprache“ der Bienen verstehen zu lernen. Dieser Corona-Frühling ist besonders, ich arbeite im Homeoffice und habe selten die Grünwerdung der Natur so intensiv erlebt, täglich suche ich die Bienen auf und verweile in Betrachtungen am Flugloch. Neulich bot sich mir inmitten eines tosenden Bienenschwarmes ein grandioses Naturschauspiel, einfach unglaublich in unserer technisierten Welt. Was für eine Kraft dahinter steckt! 

Xandia Stampe 

Malte Frerick: Den Weltbienentag zum Wildbienentag machen

Der 20. Mai ist ein gut gewähltes Datum für den Tag der Biene. Nicht nur aus Sicht der Slowenen, die den Geburtstag ihres Nationalimkers Anton Janscha als Weltbienentag bei den Vereinten Nationen erfolgreich durchsetzten. Auch die Imkerwelt befindet sich zu diesem Zeitpunkt im Jahreszenit: Schwarmkontrollen, Ablegerbildung und -pflege, Königinnenaufzucht und das Schleudern sind voll im Gange oder stehen kurz bevor. Das fein austarierte Gleichgewicht aus Arbeit, Familie und Hobby gerät dann immer für ein paar Wochen aus der Balance. Wir Imker aber bestechen unsere Lieben mit vollen Honigtöpfen und die langen Tage sind schnell vergessen. Auch die Kinder sind hellauf begeistert, wenn sie beim Schleudern mit anpacken dürfen. So erinnere mich gerne an die „Schleuderpartys“, die mein Vater früher mit meinen Geschwistern feierte. Manches ist doch gleichgeblieben. Verändert haben sich hingegen die Bienen. Seine Immen waren in den 1980er- und 1990er-Jahren noch deutlich stechlustiger, meine sind dagegen Schäfchen.

Malte Frerick, Redakteur
Malte Frerick sieht im Weltbienentag einen Wildbienentag. Foto: Sabine Rübensaat

Anderes hat sich eher zum Schlechten verändert. Unsere Landschaft war früher viel weniger aufgeräumt und überdüngt, wie dies heute der Fall ist. Besonders Wildbienen leiden darunter. Doch sie haben in Deutschland keine wirkliche Lobby. Das Verschwinden vieler Arten geschieht schleichend. Den Weltbienentag zum Wildbienentag machen – das wäre mein Vorschlag. 

Malte Frerick 

Saskia Schneider zum Weltbienentag 2020: Zweite Wahl

Eigentlich wollte ich Spinnentiere studieren. Aber wie so oft im Biologiestudium war der Kurs schon voll. Daher entschied ich mich für „Die Biologie der Honigbiene“ und verliebte mich spontan. Nicht in die Biene – in ihren kleinen Parasiten, die Varroa. Milben gehören schließlich auch zu den Spinnentieren. Mich faszinierte der Anblick der vielen kleinen, teilweise noch durchscheinenden Körper mit ihren acht kurzen, knubbeligen kleinen Beinen. Ganze Familien pulte ich aus den befallenden Brutzellen. Aber je weiter der Kurs voranschritt, desto mehr lernte ich über die furchtbaren Schäden, die dieser kleine Parasit bei den Bienenvölkern anrichtete. Ich hatte zuvor noch nie etwas davon gehört. Darum sagte ich sofort ja, als mir die Kursleiterin anbot, eine Ausstellung zum Thema Varroa mitzugestalten. Diese wanderte später von Berlin sogar ins Bienenmuseum nach Weimar und gab so Imkern und interessierten Besuchern die Gelegenheit, viel Wissenswertes über die Milbe zu erfahren, zum Beispiel, dass diese Viren übertragen können. 

Imker haben das Bienen-Virus

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Mit dem Bienen-Virus infiziert: Saskia Schneider. Foto: dbj

Auch ich war infiziert: mit dem Bienen-Virus. Seine Symptome sind eine übermäßige Beschäftigung mit Honigbienen und ihren Verwandten, ständiges Pausieren beim Gehen sobald Summgeräusche wahrgenommen werden und ungefragtes Aufzählen von interessanten Fakten zu Bienen und ihrer Bedeutung für die Umwelt bei jeder sich bietenden Gelegenheit – unter Imkern ein bekanntes Phänomen. 

Zweite Wahl, gute Wahl

Auch wenn die Honigbiene also ursprünglich meine „zweite Wahl“ war, widmete ich ihr fast mein gesamtes weiteres Studium und forschte vor allem an Medikamenten, die die Milben im Volk bekämpfen. Mittlerweile habe ich selbst zwei Völker im Botanischen Garten – sie entstammen dem ehemaligen Völkerbestand unserer Forschungsgruppe an der Freien Universität Berlin. Auch meinen Mann habe ich infiziert. Das Bienen-Virus ist eben hochansteckend – da hilft auch kein Mundschutz. 

Saskia Schneider 

Franziska Weber: Das erste Bienenjahr

Vor fast genau einem Jahr bin ich Teil des Redaktionsteams des Deutschen Bienen-Journals geworden. Bis zu diesem Zeitpunkt wusste ich von Bienen nur das, was ich noch aus dem Biologiestudium behalten hatte, und das ist eine gefühlte Ewigkeit her. 

Seit einem Jahr Verlagsbienen-Imkerin: Franziska Weber. Foto: Sabine Rübensaat

Eine meiner Aufgaben als Volontärin ist es bei der Pflege der Bienen des Verlags zu helfen. Die erste Begegnung war wahrlich bestechend. Zum Glück war es nur ein verirrtes Bienchen, das sich in meine Haare verflogen hatte, als es den Stock vor den „bösen“ Imkern bei der wöchentlichen Stockkontrolle verteidigen wollte. 

Jetzt ist es wieder Mai und ich habe unsere Immen ein Jahr durch Freud und Leid begleiten können. Wir haben zwei Schwärme gefangen, uns über die wachsenden Völker gefreut und viel Honig geerntet. Wir haben ein Volk im Winter verloren und vier starke Völker behalten. 

Ich habe in diesem Jahr viel Respekt und Zuneigung für die brummselnden kleinen Pelztierchen entwickelt und bin freudig gespannt, was sie mich dieses Jahr neues lehren werden. 

Franziska Weber 

Silke Beckedorf: Imkerrealität zum Weltbienentag 2020

„Na? Leidest Du mal wieder an Bienen-Tourette?“, fragt mein Mann. Er guckt zu, wie ich wild fluchend an den Völkern hantiere. „Schaff Sie ab“, sagt er. Das finde ich gemein, denn das will ich ja gar nicht. Ich hätte nur gerne, dass sich die Wirtschaftsvölker (es sind immer mehr, als ich haben möchte), so verhalten, wie es im Bienen-Journal steht. 

Schwarmkontrolle: Schnell ist nicht!

Jetzt gerade zum Beispiel wollte ich nur kurz mal die Schwarmkontrolle machen und dann gemütlich Kaffee trinken. Daraus wird nun leider nichts, denn das letzte Woche noch brav vor sich hinwerkelnde Volk, das ganz hinten rechts in der zweiten Reihe steht, sitzt bis unter das Absperrgitter voller Schwarmzellen. Fröhlich quellen die so gar nicht wabensteten Arbeiterinnen über den Zargenrand, während ich mich daran mache, die unmarkierte Königin zwischen Tausenden ihrer Töchter zu suchen. Selbstverständlich sitzt sie auf der hintersten Wabe, und dann noch auf einer ohne Brut, auf der sie aller Imkerweisheit nach nichts zu suchen hatte. 

Chefredakteurin Silke Beckedorf
Chefredakteurin Silke Beckedorf weiß um die (manchmal) bittere Imkerrealität. Foto: Sabine Rübensaat

Bittere Imkerrealität zum Weltbienentag 2020

Mein Mann hat sich mittlerweile einen Imkeranzug aus dem Bienenwagen geholt, packt mit an und schweigt, vermutlich, weil er genau weiß, dass er sonst auch noch ins Kreuzfeuer meiner Verbalattacken geraten würde. Die Bienen, die jetzt mit Hochton um uns herumschwirren, sind leider keine Kinder einer Elite-Zuchtkönigin, sondern ein ganz normaler Brandenburg-Mix. Sie sammeln zwar pflichtschuldigst Honig, auf Sanftmut pfeifen sie aber herzlich.

Also imkern wir jetzt entgegen aller pädagogischen Ratschläge, die ich sonst selbst gern verteile, gerade wieder mit Schutzanzügen. Darin ist es mir zu warm, außerdem ist diese äußere Hülle recht hinderlich. Die Hände kleben, die Haare gleich mit, und zwar nicht oben am Kopf, wo sie eigentlich hingehören, sondern im Gesicht. Durch den Schleier bekomme ich die Frisur nicht gerichtet, also Hut wieder ab, Haare zurück ins Haarband, Hut wieder auf – und schon löst sich die nächste Strähne. Zwischenzeitlich ist der Smoker ausgegangen, obwohl es sich um ein von den Kritikern hochgelobtes Dadantmodell handelt. Wahrscheinlich wachsen bei uns an den Bäumen einfach nicht die richtigen Kiefernzapfen. 

Zurück an die Völker: Dort wird bald klar, dass die Königin im zum Verkauf vorgesehenen Wirtschaftsvolk gerade keine Eier gelegt hat, zumindest keine, die ich erkennen könnte. Das schwarmlustige Volk habe ich mittlerweile geteilt. Die Zarge mit der Königin ist jetzt – von Schwarmzellen befreit – in die erste Reihe aufgerückt. Die Flugbienen kehren nach und nach zurück in die andere Zarge am alten Standort, in der nur eine der wirklich zahlreichen Weiselzellen stehengeblieben ist. Weiselzellen kleben übrigens auch, obwohl sie keinen Honig enthalten, sondern Gelée royale. 

Bienenvölker: Eine entspannende Sache

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DBJ Ausgabe 5/2024

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Nach knapp zwei Stunden statt der eingeplanten halben sind alle Völker durchgesehen und wieder verschlossen. Verschwitzt und völlig derangiert werfe ich die Imkerbluse ins Gras und trolle mich zurück zum Haus, ohne mich um die Gerätschaften zu kümmern, die noch wild verstreut im Gras herumliegen. Mein Mann räumt auf und macht uns dann einen Kaffee. Als wir zusammen auf der Terrasse sitzen und den Hühnern beim Scharren zuschauen, komme ich wieder zur Ruhe. „Der Rapshonig wird gut dieses Jahr“, sage ich. Und bin doch schon gespannt aufs nächste Wochenende, wenn ich sehen werde, wie sich der Flugling und der Brutling machen. 

Am Abend, als die Sonne untergeht, stehen wir vor den Völkern und beobachten die zurückkehrenden Bienen, wie sie, angestrahlt vom Licht der tief stehenden Sonne, als kleine Pünktchen herangeschwebt kommen, mit ausgestreckten Beinen neben dem Flugloch landen und dann zügig in die Beute krabbeln. Irgendwie ist so ein Bienenvolk doch eine entspannende Sache – jedenfalls von außen betrachtet. 

Silke Beckedorf wird den Weltbienentag 2020 leider nicht mit ihren Völkern verbringen. Sie wird aber ganz bestimmt an sie denken, sich fragen, wie es den frisch gebildeten Ablegern wohl geht, und sich auf die bestellten Zuchtköniginnen freuen. Ihre Besuche am Bienenstand laufen nicht immer so ab – aber sie fand, dass man der ganzen Liebe zur Biene am 20. Mai auch mal ein Stück imkerliche Realität entgegensetzen könnte. 

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